Die Zukunft der Kommunikation im Gesundheitswesen

Wie wir Digitalisierung und Ethik vereinen, ohne an der Praxis vorbeizurennen.

Eine Pflegekraft mit einem Tablet in der Hand.
Die Zukunft der Kommunikation im Gesundheitswesen liegt in einer interoperabel digitalisierten, symmetrischen und auf die Empfänger:innen angepassten Kommunikation. Die rasante Entwicklung der Digitalisierung hat in nahezu allen Bereichen des menschlichen Lebens bedeutende und tiefgreifende Veränderungen hervorgerufen. Wie Wachter und Cassel (2021) feststellen, ist eines der bedeutendsten Felder, in dem diese Veränderungen beobachtet werden können, das Gesundheitswesen¹. Die Art und Weise, wie Ärzt:innen, Pflegefachkräfte und Patient:innen miteinander kommunizieren und interagieren, hat sich in den letzten Jahren dramatisch verändert und wird in den kommenden Jahren zwingend noch weiter revolutioniert. Dieser Prozess eröffnet eine Vielzahl an Möglichkeiten und Chancen, birgt aber auch Herausforderungen, die es zu überwinden gilt. In diesem ausführlicheren Artikel werden wir uns intensiver mit der Zukunft der Kommunikation im Gesundheitswesen auseinandersetzen, wie sie sich auf die Patient:innenzufriedenheit, die digitale Innovation und die allgemeine Gesundheitsversorgung auswirken wird.

Neue Technologien und Innovationen im Gesundheitswesen

Eine der treibenden Kräfte hinter der Zukunft der Kommunikation im Gesundheitswesen ist die Nutzung neuer Technologien und der Einsatz von innovativen Ansätzen. Unterstützend dazu haben Mehta und Agarwal (2022) in ihrer Untersuchung gezeigt, dass im Zentrum dieser technologischen Umwälzungen Startups und Unternehmen im eHealth-Bereich stehen². Diese Lösungen zielen darauf ab, die Kommunikation zwischen medizinischem Personal und Patient:innen zu verbessern und den Austausch von Informationen zu erleichtern.

Es geht dabei nicht nur um die Bereitstellung von mobilen Anwendungen und Online-Plattformen, die Informationen zugänglicher machen, sondern auch um die Integration von fortschrittlichen Technologien wie künstlicher Intelligenz, Big Data und maschinellem Lernen in den Gesundheitsbereich. Solche Technologien können dazu beitragen, die Effizienz der Gesundheitsversorgung zu verbessern³, die Genauigkeit von Diagnosen zu erhöhen und die Patient:innenbetreuung zu personalisieren. Präventive Medizin zur individuelle Daten ist hier das Stichwort.

Ein herausragendes Beispiel für den Einsatz dieser Technologien ist die Entwicklung von interoperablen Systemen, die den Austausch von medizinischen Daten in standardisierten Formaten ermöglichen. Solche Systeme schaffen eine Plattform, auf der Ärzt:innen, Pflegefachkräfte und andere medizinische Fachkräfte auf die benötigten Informationen zugreifen können, unabhängig von dem System oder der Software, die sie verwenden. Dadurch wird eine nahtlose Zusammenarbeit und ein besserer Informationsfluss ermöglicht, der letztendlich zu einer effizienteren und effektiveren Behandlung der Patient:innen führt.  

Diese Daten müssen diese Daten aber auch in eine für Patient:innen und Angehörige verständliche und zugängliche Form gebracht werden – auch das wird erst durch Standardisierung der Datenformate möglich und die Bündlung von Informationen auf einer Plattform möglich.

Ärzt:innen, die Entlassbriefe per Diktiergerät im Schreibbüro schreiben lassen, um sie dann per Fax oder Briefpost an die Hausärzt:in zu schicken, ist nicht nur nicht zeitgemäß und ineffizient, sondern wird auch den Konventionen menschenzentrierter und transparenter Medizin nicht gerecht.

Ein anderes Beispiel für digitale Innovationen im Gesundheitswesen ist die Telemedizin. Durch den Einsatz von Videokonferenztechnologie können Ärzt:innen und Community-Nurses mit ihren Patient:innen in Kontakt treten, ohne dass diese physisch in der Praxis sein müssen. Dies ermöglicht eine ferngesteuerte Diagnose und zukünftig auch Behandlung, insbesondere für Patient:innen, die aufgrund von Entfernungen oder Mobilitätsproblemen nicht persönlich erscheinen können.

Neben der Einführung funktionierender und praxisnaher Technologien sollten Krankenhäuser in die Schulung ihres Personals investieren, um sicherzustellen, dass neue Technologien effektiv genutzt werden können. Es wird unvermeidbar werden, dem Beispiel großer Konzerne zu folgen und Partnerschaften mit Technologieunternehmen und Startups einzugehen, um neue Innovationen mitzugestalten und Fachwissen zu teilen.

Eine Speech-to-Text Programm, das medizinische Fachbegriffe einwandfrei erkennt aber „normale“ deutsche Begriffe nicht transkribieren kann führt zu Frustration und verständlicher Frustration gegenüber „Innovation“.

Patient:innenzentrierte Kommunikation

Eine weitere zentrale Komponente der zukünftigen Kommunikation im Gesundheitswesen ist die zunehmende Fokussierung auf die Patient:innen. In einer immer stärker digitalisierten Welt, in der Informationen leicht zugänglich sind und immer mehr Menschen sich aktiv an ihrer eigenen Gesundheitsversorgung beteiligen wollen, betont Baur (2023) die zunehmende Bedeutung einer transparenten und verständlichen Kommunikation zwischen medizinischem Personal und Patient:innen⁴.

Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, entwickeln viele Gesundheitseinrichtungen eigene Online-Plattformen, die für Patient:innen und ihre Angehörigen leicht zugänglich sind. Wenn schon weiterhin auf individual-Lösungen gesetzt wird, sollten diese Plattformen so gestaltet sein, dass sie barrierefrei sind und Informationen in einer verständlichen und leicht zugänglichen Form bereitstellen. Darüber hinaus sollten sie interaktive Funktionen bieten, wie die Möglichkeit, Termine online zu vereinbaren, medizinische Befunde einzusehen oder Fragen an das medizinische Personal zu stellen – und am besten sollten chronisch Erkrankte nicht fünf Apps für fünf Behandlungszentren brauchen.

Es ist wichtig, Patient:innen in den Mittelpunkt des Gesundheitswesens zu rücken. Es müssen digitale Plattformen entwickelt werden, die nicht nur Zugang zu Gesundheitsdaten bieten, sondern auch eine echte Verbindung zwischen Patient:innen und medizinischem Personal ermöglichen. Diese Plattformen sollten so intuitiv und barrierefrei sein, dass sie für jede:n leicht zu benutzen sind.

Die transformative Rolle der Digitalisierung

Die Digitalisierung spielt eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung der Zukunft der Kommunikation im Gesundheitswesen. Sie ermöglicht eine effizientere und effektivere Zusammenarbeit zwischen Ärzt:innen, Pflegekräften und Patient:innen und eröffnet neue Möglichkeiten für die Bereitstellung von Gesundheitsleistungen. Ein Beispiel für eine solche Innovation ist die Telemedizin, bei der Videokonferenztechnologie zum Einsatz kommt, um Ärzt:innen und Patient:innen miteinander zu verbinden, ohne dass ein physischer Besuch in der Praxis erforderlich ist.

Darüber hinaus ermöglicht die Digitalisierung auch die Nutzung von Wearables und anderen medizinischen Geräten, die Daten der Patient:innen erfassen und überwachen können. Diese Daten können dann über sichere Netzwerke an Ärzt:innen und andere medizinische Fachkräfte übertragen werden, um eine umfassende und personalisierte Behandlung zu ermöglichen.

Digitalisierung ist nicht nur ein Schlagwort, es ist ein notwendiger Schritt in die Zukunft. Wir müssen mutige und klare Strategien für unsere digitale Transformation entwickeln und unsere Mitarbeitenden in diesen Prozess einbeziehen. Es ist an der Zeit, dass alle Fachkräfte Digitalisierung als Chance sehen, und nicht als Bedrohung – das wird aber nur gehen, wenn wir an der richtigen Stelle und mit den richtigen Mitteln digitalisieren anstatt zu digitsieren.
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Neue Prozesse zu schaffen, statt Bestehende falsch zu digitalisieren

Die Notwendigkeit, neue Prozesse zu schaffen, statt nur bestehende zu digitalisieren, wird von Graetz und Reed (2022) in ihrer Arbeit betont. Digitalisierung des Gesundheitswesens bedeutet nicht nur die Überführung bestehender Prozesse in ein digitales Format; vielmehr bietet sie die Möglichkeit, traditionelle Praktiken neu zu denken und effizientere, patientenzentrierte Verfahren zu entwickeln.

Im Kontext der Kommunikation und Dokumentation bedeutet dies, dass wir nicht nur bestehende Gespräche und Berichte digitalisieren, sondern auch neue Formen der Interaktion und Informationsübermittlung schaffen müssen, die auf den spezifischen Möglichkeiten und Vorteilen digitaler Technologien aufbauen.

Indem wir neue Prozesse entwickeln, die auf digitalen Technologien basieren, können wir die Kommunikation und Dokumentation im Gesundheitswesen nicht nur effizienter, sondern auch nachhaltiger und zufriedenstellender für alle Beteiligten gestalten. Beispielsweise könnten wir durch die Nutzung von KI und maschinellem Lernen den Umfang der administrativen Aufgaben, die Ärzt:innen und Pflegekräfte übernehmen müssen, verringern. Dies könnte nicht nur ihre Arbeitsbelastung reduzieren und ihnen mehr Zeit für die direkte Patientenversorgung geben, sondern auch die Genauigkeit und Konsistenz der dokumentierten Informationen verbessern.

Darüber hinaus könnten interaktive Plattformen und mobile Anwendungen dazu beitragen, dass Patient:innen sich stärker in ihre eigene Gesundheitsversorgung einbringen können. Durch den Zugang zu ihren medizinischen Daten, die Möglichkeit, Fragen zu stellen und Termine online zu buchen, könnten sie ein stärkeres Gefühl der Kontrolle und Beteiligung erreichen, was zu einer höheren Zufriedenheit führen könnte.

Es ist also klar, dass die Entwicklung neuer, digital basierter Prozesse im Gesundheitswesen eine wichtige Rolle spielen wird, um die Kommunikation und Dokumentation zu verbessern, die Zufriedenheit aller Beteiligten zu erhöhen und das Gesundheitspersonal zu entlasten. Es liegt an uns, diese Gelegenheiten zu ergreifen und das Potenzial der Digitalisierung voll auszuschöpfen.

Es reicht nicht aus, nur das zu digitalisieren, was wir bereits haben. Wir müssen bereit sein, neue Wege zu beschreiten und innovative Lösungen zu entwickeln, die unsere Prozesse revolutionieren und die Gesundheitsversorgung verbessern.

Bestehende Prozesse, wie etwas prä-operative Aufklärung per 6-seitigem, ausgedrucktem Thieme Bogen, wovon die meisten Patient:innen spätestens nach der OP nichts mehr wissen, müssen grundlegend überdacht und nicht vorschnell digitisiert werden.

Datenschutz und Sicherheit in der digitalen Kommunikation

Was wäre ein Artikel über Digitalisierung ohne Datenschutz.

Aber wir wissen, dass der Datenschutz und die Sicherheit sensibler medizinischer Daten sind entscheidende Faktoren für die zukünftige Kommunikation im Gesundheitswesen⁵. Ohne den angemessenen Schutz dieser Daten kann das Vertrauen der Patient:innen in das Gesundheitssystem erschüttert werden und die Integrität des Gesundheitssystems kann gefährdet werden.

Die Verwendung von Verschlüsselungstechnologien, sicheren Netzwerken und strengen Zugriffskontrollen sind nur einige der vielen Maßnahmen, die von Auftragsdatenverarbeitern gefordert werden und regelmäßig überprüft werden müssen. Es bedarf einheitlicher und transparenter Richtlinien im Gesundheitswesen, um innovative Unternehmen frühzeitig über den Umfang und die Relevanz von Maßnahmen zum Schutz der Daten aufzuklären. Data protection by design ist ein wichtiges Kredo, bei dem wir Startups und jungen Unternehmen zentral unterstützen müssen. Darüber hinaus ist es entscheidend, dass alle Beteiligten, einschließlich Ärzt:innen, Pflegepersonal und Patient:innen, über die Risiken und Best Practices im Umgang mit medizinischen Daten informiert werden, um Missbrauch und Datenlecks zu vermeiden.

Datenschutz ist eine Herausforderung, der wir uns stellen müssen und werden – egal ob bei der ePA, für Forschungszwecke oder bei der Einführung neuer Systeme. IT-Abteilungen in Krankenhäusern müssen personell zukunftssicherer aufgestellt werden, wenn Krankenhäuser die Innovationen der privaten Wirtschaft effektiv und erfolgreich integrieren und mitgehen wollen. Eine standortübergreifende Katalyse der Expertise in „Digitalisierungs-„ oder „IT-GmbHs“ kann ein Weg sein, um einen Verband an Krankenhäusern zentral zu betreuen und Innovation großflächig effektiver auszurollen.

Die ethische Dimension und sorgfältige Implementierung neuer Technologien

Während wir die vielfältigen Möglichkeiten der Digitalisierung im Gesundheitswesen betrachten, dürfen wir nicht übersehen, dass der Einsatz neuer Technologien eine sorgfältige und durchdachte Implementierung erfordert – das betonen u.a. Mittelstadt et al. in Ihrer 2021 erschienen Übersichtsarbeit zur Ethik von Algorithmen.

Die Übernahme technologischer Innovationen muss verantwortungsvoll und ethisch unbedenklich gestaltet werden. Es ist wichtig, dass wir bei der Gestaltung digitaler Lösungen die Bedürfnisse aller Beteiligten berücksichtigen und dabei sicherstellen, dass diese Lösungen keine Diskriminierung fördern, die Privatsphäre der Patient:innen schützen und einen gleichberechtigten Zugang zu Gesundheitsleistungen gewährleisten.

Eine besondere Herausforderung besteht dabei darin, die oft komplexe Technologie in einer Weise zu kommunizieren, die für Patient:innen egal welchen Alters und egal welcher Erkrankungsschwere verständlich ist und ihre Fähigkeit zur Selbstbestimmung stärkt. Zudem müssen wir darauf achten, dass die technologischen Entwicklungen den Zugang zu Gesundheitsleistungen nicht nur für eine privilegierte Gruppe verbessern, sondern dass sie allen Menschen zugutekommen. Es gilt den Mittelweg zwischen „Ich schreibe Ihnen die Informationen auf kleine Zettelchen“ und „Sie können sich die Infos in unserem virtuellen, argumented-Reality Raum für Patient:innen runterladen“

In diesem Zusammenhang müssen auch die Mitarbeitenden im Gesundheitswesen in den Prozess einbezogen und ausreichend geschult werden, um mit den neuen Technologien effektiv und verantwortungsbewusst umgehen zu können. Nur so können wir gewährleisten, dass die neuen Technologien tatsächlich dazu beitragen, die Versorgung der Patient:innen zu verbessern und die Effizienz des Gesundheitswesens zu steigern.

Schlussfolgerung und Ausblick

Die Zukunft der Kommunikation im Gesundheitswesen liegt in der Nutzung neuer Technologien, der stärkeren Fokussierung auf die Patient:innen und der Gewährleistung von Datenschutz und Sicherheit. Die Digitalisierung bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten, die Kommunikation zwischen Ärzt:innen, Pflegekräften und Patient:innen zu verbessern und die allgemeine Gesundheitsversorgung effizienter zu gestalten.

Insgesamt zeigt sich, dass wir durch die konsequente Nutzung digitaler Lösungen eine verbesserte Patient:innenzufriedenheit, eine höhere Qualität der Gesundheitsversorgung und eine effektivere Zusammenarbeit im Gesundheitswesen erreichen können. Die Zukunft der Kommunikation im Gesundheitswesen ist hier, und es liegt an uns, sie zu gestalten. Lassen wir uns kontinuierlich evaluieren und anpassen, immer mit einem Auge auf Innovation und Verbesserung. Wir sind die Architekt:innen einer patientenzentrierten Gesundheitsversorgung und haben es in der Hand, diese Realität zu schaffen.
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Quellen:
1. Wachter, R. M., & Cassel, C. K. (2021). The future of healthcare: how technology is enabling new models of healthcare delivery. Journal of Internal Medicine, 290(1), 16-27.

2. Mehta, N., & Agarwal, P. (2022). Digital Health Startups: Opportunities and Challenges. In Handbook of Healthcare Analytics (pp. 259-279). Springer.

3. Jiang, F., Jiang, Y., Zhi, H., Dong, Y., Li, H., Ma, S., ... & Wang, Y. (2022). Artificial intelligence in healthcare: past, present and future. Stroke and Vascular Neurology, 7(4), 230-243.

4. Baur, C. (2023). Patient-Physician Communication in the Digital Age: The Role of Digital Medicine in Health Care. American Journal of Medicine, 136(2), 185-191.

5. Kuo, A. M. H., Kim, H. H. Y., & Ohno-Machado, L. (2022). Genomic data sharing in healthcare systems: concerns and recommendations for future research. Journal of the American Medical Informatics Association, 29(1), 128-134.

6. Mittelstadt, B., Allo, P., Taddeo, M., Wachter, S., & Floridi, L. (2021). The ethics of algorithms: Mapping the debate. Big Data & Society.

7. Graetz, I., & Reed, M. (2022). Digital Health Innovation: A Toolkit for New Care Models. Health Services Research, 57(2), 225-235.