Neue Prozesse zu schaffen, statt Bestehende falsch zu digitalisieren
Die Notwendigkeit, neue Prozesse zu schaffen, statt nur bestehende zu digitalisieren, wird von Graetz und Reed (2022) in ihrer Arbeit betont. Digitalisierung des Gesundheitswesens bedeutet nicht nur die Überführung bestehender Prozesse in ein digitales Format; vielmehr bietet sie die Möglichkeit, traditionelle Praktiken neu zu denken und effizientere, patientenzentrierte Verfahren zu entwickeln.
Im Kontext der Kommunikation und Dokumentation bedeutet dies, dass wir nicht nur bestehende Gespräche und Berichte digitalisieren, sondern auch neue Formen der Interaktion und Informationsübermittlung schaffen müssen, die auf den spezifischen Möglichkeiten und Vorteilen digitaler Technologien aufbauen.
Indem wir neue Prozesse entwickeln, die auf digitalen Technologien basieren, können wir die Kommunikation und Dokumentation im Gesundheitswesen nicht nur effizienter, sondern auch nachhaltiger und zufriedenstellender für alle Beteiligten gestalten. Beispielsweise könnten wir durch die Nutzung von KI und maschinellem Lernen den Umfang der administrativen Aufgaben, die Ärzt:innen und Pflegekräfte übernehmen müssen, verringern. Dies könnte nicht nur ihre Arbeitsbelastung reduzieren und ihnen mehr Zeit für die direkte Patientenversorgung geben, sondern auch die Genauigkeit und Konsistenz der dokumentierten Informationen verbessern.
Darüber hinaus könnten interaktive Plattformen und mobile Anwendungen dazu beitragen, dass Patient:innen sich stärker in ihre eigene Gesundheitsversorgung einbringen können. Durch den Zugang zu ihren medizinischen Daten, die Möglichkeit, Fragen zu stellen und Termine online zu buchen, könnten sie ein stärkeres Gefühl der Kontrolle und Beteiligung erreichen, was zu einer höheren Zufriedenheit führen könnte.
Es ist also klar, dass die Entwicklung neuer, digital basierter Prozesse im Gesundheitswesen eine wichtige Rolle spielen wird, um die Kommunikation und Dokumentation zu verbessern, die Zufriedenheit aller Beteiligten zu erhöhen und das Gesundheitspersonal zu entlasten. Es liegt an uns, diese Gelegenheiten zu ergreifen und das Potenzial der Digitalisierung voll auszuschöpfen.
Es reicht nicht aus, nur das zu digitalisieren, was wir bereits haben. Wir müssen bereit sein, neue Wege zu beschreiten und innovative Lösungen zu entwickeln, die unsere Prozesse revolutionieren und die Gesundheitsversorgung verbessern.
Bestehende Prozesse, wie etwas prä-operative Aufklärung per 6-seitigem, ausgedrucktem Thieme Bogen, wovon die meisten Patient:innen spätestens nach der OP nichts mehr wissen, müssen grundlegend überdacht und nicht vorschnell digitisiert werden.
Datenschutz und Sicherheit in der digitalen Kommunikation
Was wäre ein Artikel über Digitalisierung ohne Datenschutz.
Aber wir wissen, dass der Datenschutz und die Sicherheit sensibler medizinischer Daten sind entscheidende Faktoren für die zukünftige Kommunikation im Gesundheitswesen⁵. Ohne den angemessenen Schutz dieser Daten kann das Vertrauen der Patient:innen in das Gesundheitssystem erschüttert werden und die Integrität des Gesundheitssystems kann gefährdet werden.
Die Verwendung von Verschlüsselungstechnologien, sicheren Netzwerken und strengen Zugriffskontrollen sind nur einige der vielen Maßnahmen, die von Auftragsdatenverarbeitern gefordert werden und regelmäßig überprüft werden müssen. Es bedarf einheitlicher und transparenter Richtlinien im Gesundheitswesen, um innovative Unternehmen frühzeitig über den Umfang und die Relevanz von Maßnahmen zum Schutz der Daten aufzuklären. Data protection by design ist ein wichtiges Kredo, bei dem wir Startups und jungen Unternehmen zentral unterstützen müssen. Darüber hinaus ist es entscheidend, dass alle Beteiligten, einschließlich Ärzt:innen, Pflegepersonal und Patient:innen, über die Risiken und Best Practices im Umgang mit medizinischen Daten informiert werden, um Missbrauch und Datenlecks zu vermeiden.
Datenschutz ist eine Herausforderung, der wir uns stellen müssen und werden – egal ob bei der ePA, für Forschungszwecke oder bei der Einführung neuer Systeme. IT-Abteilungen in Krankenhäusern müssen personell zukunftssicherer aufgestellt werden, wenn Krankenhäuser die Innovationen der privaten Wirtschaft effektiv und erfolgreich integrieren und mitgehen wollen. Eine standortübergreifende Katalyse der Expertise in „Digitalisierungs-„ oder „IT-GmbHs“ kann ein Weg sein, um einen Verband an Krankenhäusern zentral zu betreuen und Innovation großflächig effektiver auszurollen.
Die ethische Dimension und sorgfältige Implementierung neuer Technologien
Während wir die vielfältigen Möglichkeiten der Digitalisierung im Gesundheitswesen betrachten, dürfen wir nicht übersehen, dass der Einsatz neuer Technologien eine sorgfältige und durchdachte Implementierung erfordert – das betonen u.a. Mittelstadt et al. in Ihrer 2021 erschienen Übersichtsarbeit zur Ethik von Algorithmen.
Die Übernahme technologischer Innovationen muss verantwortungsvoll und ethisch unbedenklich gestaltet werden. Es ist wichtig, dass wir bei der Gestaltung digitaler Lösungen die Bedürfnisse aller Beteiligten berücksichtigen und dabei sicherstellen, dass diese Lösungen keine Diskriminierung fördern, die Privatsphäre der Patient:innen schützen und einen gleichberechtigten Zugang zu Gesundheitsleistungen gewährleisten.
Eine besondere Herausforderung besteht dabei darin, die oft komplexe Technologie in einer Weise zu kommunizieren, die für Patient:innen egal welchen Alters und egal welcher Erkrankungsschwere verständlich ist und ihre Fähigkeit zur Selbstbestimmung stärkt. Zudem müssen wir darauf achten, dass die technologischen Entwicklungen den Zugang zu Gesundheitsleistungen nicht nur für eine privilegierte Gruppe verbessern, sondern dass sie allen Menschen zugutekommen. Es gilt den Mittelweg zwischen „Ich schreibe Ihnen die Informationen auf kleine Zettelchen“ und „Sie können sich die Infos in unserem virtuellen, argumented-Reality Raum für Patient:innen runterladen“
In diesem Zusammenhang müssen auch die Mitarbeitenden im Gesundheitswesen in den Prozess einbezogen und ausreichend geschult werden, um mit den neuen Technologien effektiv und verantwortungsbewusst umgehen zu können. Nur so können wir gewährleisten, dass die neuen Technologien tatsächlich dazu beitragen, die Versorgung der Patient:innen zu verbessern und die Effizienz des Gesundheitswesens zu steigern.
Schlussfolgerung und Ausblick
Die Zukunft der Kommunikation im Gesundheitswesen liegt in der Nutzung neuer Technologien, der stärkeren Fokussierung auf die Patient:innen und der Gewährleistung von Datenschutz und Sicherheit. Die Digitalisierung bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten, die Kommunikation zwischen Ärzt:innen, Pflegekräften und Patient:innen zu verbessern und die allgemeine Gesundheitsversorgung effizienter zu gestalten.
Insgesamt zeigt sich, dass wir durch die konsequente Nutzung digitaler Lösungen eine verbesserte Patient:innenzufriedenheit, eine höhere Qualität der Gesundheitsversorgung und eine effektivere Zusammenarbeit im Gesundheitswesen erreichen können. Die Zukunft der Kommunikation im Gesundheitswesen ist hier, und es liegt an uns, sie zu gestalten. Lassen wir uns kontinuierlich evaluieren und anpassen, immer mit einem Auge auf Innovation und Verbesserung. Wir sind die Architekt:innen einer patientenzentrierten Gesundheitsversorgung und haben es in der Hand, diese Realität zu schaffen.