Entlastung fürs Klinikpersonal: Ein Digital-Tool soll Angehörige von Schwerkranken informieren
Lesen Sie das ganze Interview mit dem Tagesspiegel, der Caritas-Klinik Maria Heimsuchung und unserem Gründer, Nikolas Groth.
Autor:in
Simon Schwarz, Tagesspiegel
Datum
22.01.2024

Veröffentlicht am 12.01.2024 im Tagesspiegel (Simon Schwarz)

Eine App informiert Angehörige von Kranken

Auf Intensivstationen klingelt ständig das Telefon. Denn die Angehörigen der Schwerkranken wollen wissen, wie es ihren Nächsten geht. Morgens rufen viele an, doch das Stationspersonal betreibt kein Callcenter. Und gerade vormittags finden die meisten Untersuchungen und Behandlungen statt.

Das Berliner Start-up Intensivkontakt hat eine Lösung entwickelt, die die Angehörigen beruhigt, aber auch die Pflegekräfte auf der Station entlastet. Über eine App auf Tablets können sie Gesundheitsupdates herumschicken und über Untersuchungstermine informieren. Dann können Angehörige ihren Anruf zurückstellen. Gründer von Intensivkontakt ist der 22-jährige Nikolas Groth, Sohn des Bauunternehmers Klaus Groth. Die Idee kam dem Berliner in der Coronapandemie, als er als Rettungssanitäter arbeitete: Einsam waren die Patient:innen damals, Krankenbesuche oft nicht erlaubt. Bevor er sein Medizinstudium aufnahm, verschenkte Groth mehrere Tablets an eine Station, damit die Menschen ihre Angehörigen wenigstens auf dem Bildschirm sehen konnten.

Software übermittelt Nachrichten auf den AB

Was damals als gemeinnütziges Projekt gestartet war, ist heute eine normale Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Die Caritas-Klinik Pankow ist das erste Krankenhaus in Berlin, an das Groth seine Idee verkaufen konnte. Jedes der zwölf Betten der Intensivstation hat nun ein eigenes Tablet, das System läuft aber auch auf anderen Geräten.

„Wir schlagen uns hier mit den üblichen Problemen herum: hohe Arbeitsbelastung, zu wenig Personal und viel Dokumentationsarbeit", sagt Chefarzt Thomas König. Derzeit kann die Klinik nur zehn Betten betreiben. Es gibt nicht genug Pflegekräfte.

Das Tool von Intensivkontakt entlastet das Personal von vielen Telefonanrufen. ,,Mit der App können wir eine Meldung gleich an mehrere Angehörige senden. Ziel ist, den Besucherstrom in den Nachmittag zu lenken."

Die Pflegekräfte können über die Geräte Nachrichten, Bilder und Sprachaufnahmen verschicken - die Angehörigen auch, nur keine Nachrichten: Denn sie sollen nicht mit den Pflegekräften chatten. Das würde wieder Arbeit machen. Für Menschen ohne Smartphone kann die Software Nachrichten auf den Anrufbeantworter übermitteln.

Viele lntensivpatienten werden depressiv

Auch die Patient:innen profitieren von den Geräten. Sie können sich auf den Tablets Diashows anschauen und Sprachnachrichten anhören. Das reduziert nachweislich die Wahrscheinlichkeit, dass sie einen Delir bekommen. Die Erkrankung beschreibt einen Zustand akuter Verwirrung, der oft bei alten Menschen nach schweren OPs auftritt. Darunter Leidende sind hyperaktiv, ziehen sich schon einmal sämtliche Schläuche aus dem Körper.

„Bei einem Delir fallen Kosten von zusätzlichen 8.000 bis 10.000 Euro pro Patient an", sagt Groth. Diese sind nicht durch eine Fallpauschale gedeckt; Krankenhäuser bleiben auf den Kosten sitzen.

Bettina F. hatte zwar keinen Delir während ihres Aufenthalts auf der Intensivstation in der Caritas-Klinik. Aber sie konnte sich nicht daran erinnern, wie sie nach der künstlichen Beatmung aufgewacht ist. An das Tablet jedoch schon: ,,Wir haben ein Bild gemacht, als ich das erste Mal aufgestanden bin, und es an alle verschickt. Das fanden die ganz toll."

Sekundärerkrankungen und früher oder später depressive Episoden sind auf Intensivstationen die Regel, sagt Thomas König. ,,Der Kontakt mit Angehörigen, und sei er nun digital, gibt Halt in einer Umgebung, die nicht natürlich ist", erzählt auch sein Kollege, Oberarzt Tobias Klöpper.

In diesemJahr dürften mehrere Unikliniken und auch einige private Träger Groths Angebot auf ihren Intensivstationen nutzen. Kunden zahlen monatlich und erhalten dafür Software, Tablets und Reparaturen. Die Firma beschäftigt zwölf Mitarbeitende.

Wenn Angehörige seltener im Krankenhaus anrufen, haben Pflegekräfte mehr Zeit für andere Aufgaben.

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Entlastung fürs Klinikpersonal: Ein Digital-Tool soll Angehörige von Schwerkranken informieren

22.01.2024

Simon Schwarz, Tagesspiegel

Veröffentlicht am 12.01.2024 im Tagesspiegel (Simon Schwarz)

Eine App informiert Angehörige von Kranken

Auf Intensivstationen klingelt ständig das Telefon. Denn die Angehörigen der Schwerkranken wollen wissen, wie es ihren Nächsten geht. Morgens rufen viele an, doch das Stationspersonal betreibt kein Callcenter. Und gerade vormittags finden die meisten Untersuchungen und Behandlungen statt.

Das Berliner Start-up Intensivkontakt hat eine Lösung entwickelt, die die Angehörigen beruhigt, aber auch die Pflegekräfte auf der Station entlastet. Über eine App auf Tablets können sie Gesundheitsupdates herumschicken und über Untersuchungstermine informieren. Dann können Angehörige ihren Anruf zurückstellen. Gründer von Intensivkontakt ist der 22-jährige Nikolas Groth, Sohn des Bauunternehmers Klaus Groth. Die Idee kam dem Berliner in der Coronapandemie, als er als Rettungssanitäter arbeitete: Einsam waren die Patient:innen damals, Krankenbesuche oft nicht erlaubt. Bevor er sein Medizinstudium aufnahm, verschenkte Groth mehrere Tablets an eine Station, damit die Menschen ihre Angehörigen wenigstens auf dem Bildschirm sehen konnten.

Software übermittelt Nachrichten auf den AB

Was damals als gemeinnütziges Projekt gestartet war, ist heute eine normale Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Die Caritas-Klinik Pankow ist das erste Krankenhaus in Berlin, an das Groth seine Idee verkaufen konnte. Jedes der zwölf Betten der Intensivstation hat nun ein eigenes Tablet, das System läuft aber auch auf anderen Geräten.

„Wir schlagen uns hier mit den üblichen Problemen herum: hohe Arbeitsbelastung, zu wenig Personal und viel Dokumentationsarbeit", sagt Chefarzt Thomas König. Derzeit kann die Klinik nur zehn Betten betreiben. Es gibt nicht genug Pflegekräfte.

Das Tool von Intensivkontakt entlastet das Personal von vielen Telefonanrufen. ,,Mit der App können wir eine Meldung gleich an mehrere Angehörige senden. Ziel ist, den Besucherstrom in den Nachmittag zu lenken."

Die Pflegekräfte können über die Geräte Nachrichten, Bilder und Sprachaufnahmen verschicken - die Angehörigen auch, nur keine Nachrichten: Denn sie sollen nicht mit den Pflegekräften chatten. Das würde wieder Arbeit machen. Für Menschen ohne Smartphone kann die Software Nachrichten auf den Anrufbeantworter übermitteln.

Viele lntensivpatienten werden depressiv

Auch die Patient:innen profitieren von den Geräten. Sie können sich auf den Tablets Diashows anschauen und Sprachnachrichten anhören. Das reduziert nachweislich die Wahrscheinlichkeit, dass sie einen Delir bekommen. Die Erkrankung beschreibt einen Zustand akuter Verwirrung, der oft bei alten Menschen nach schweren OPs auftritt. Darunter Leidende sind hyperaktiv, ziehen sich schon einmal sämtliche Schläuche aus dem Körper.

„Bei einem Delir fallen Kosten von zusätzlichen 8.000 bis 10.000 Euro pro Patient an", sagt Groth. Diese sind nicht durch eine Fallpauschale gedeckt; Krankenhäuser bleiben auf den Kosten sitzen.

Bettina F. hatte zwar keinen Delir während ihres Aufenthalts auf der Intensivstation in der Caritas-Klinik. Aber sie konnte sich nicht daran erinnern, wie sie nach der künstlichen Beatmung aufgewacht ist. An das Tablet jedoch schon: ,,Wir haben ein Bild gemacht, als ich das erste Mal aufgestanden bin, und es an alle verschickt. Das fanden die ganz toll."

Sekundärerkrankungen und früher oder später depressive Episoden sind auf Intensivstationen die Regel, sagt Thomas König. ,,Der Kontakt mit Angehörigen, und sei er nun digital, gibt Halt in einer Umgebung, die nicht natürlich ist", erzählt auch sein Kollege, Oberarzt Tobias Klöpper.

In diesemJahr dürften mehrere Unikliniken und auch einige private Träger Groths Angebot auf ihren Intensivstationen nutzen. Kunden zahlen monatlich und erhalten dafür Software, Tablets und Reparaturen. Die Firma beschäftigt zwölf Mitarbeitende.

Wenn Angehörige seltener im Krankenhaus anrufen, haben Pflegekräfte mehr Zeit für andere Aufgaben.

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